Artikel Augsburger Allgemeine 30. April 2016

Von der Leichtigkeit des Wohnen

Zuhause: Viel Platz, viel Licht und leichte Farben sind modern. Mit einer Innenarchitektin zu Besuch in einem frisch renovierten Heim. Von Claudia Hamburger

Vom Wohnen streng nach der neuesten Mode hält Eleonore Walcher nichts. Natürlich sollten die eigenen vier Wände modern sein, aber: „Man sollte bei der Gestaltung nicht unbedingt sehen, aus welchem Jahr sie ist. Sie sollte auch in 20 Jahren noch gültig sein.“ Denn die Innenarchitektin ist der Meinung: Die Kunden sollten sich lange im renovierten Zuhause wohlfühlen können und nicht nach kurzer Zeit wieder alles umgestalten müssen.

Wohlfühlen soll sich auch Familie G. aus Bobingen. Ihr Haus wurde Ende 2014 nach Walchers Entwurf umgestaltet. Die Räume spiegeln zwar viele aktuelle Wohntrends wider – sind durch ihre klassische und schlichte Gestaltung aber gleichzeitig recht zeitlos. Ins Haus gelangt man durch zwei mit satinierter Folie beklebte Glastüren. Die lassen Licht rein und unliebsame Blicke draußen. Wer das Haus, das aus den siebziger Jahren stammt, dann betritt, findet sich in einem großzügig wirkenden Flur wieder.

Die hohen weißen Wände tragen keine Tapete, sondern sind verputzt. Einen Farbklecks erhält der Eingangsbereich durch die grauen Stufen der Treppe, die ins erste Stockwerk führt. Eine feine Wand aus Glas trennt diesen vom Rest des Flurs ab. Die2,30 Meter hohen Türen zu den anderen Räumen lassen viel Licht in den Eingangsbereich und verleihen ihm eine gewisse Offenheit. Tiefe entsteht zudem durch eine komplett mit einem Spiegel überzogene Tür, die in den Waschraum führt.

Viel Licht, viel Glas, viel Höhe. Diese modernen Elemente standen bei der Renovierung des insgesamt rund 150 Quadratmeter großen Hauses im Vordergrund. Und sie haben optisch mehr Raum gebracht – besonders im Flur und im Wohnzimmer. Das sei laut Innenarchitektin Walcher vor allem bei Reihenhäusern wichtig, weil diese in der Regel schmal geschnitten sind. Mit ihren Plänen zur Umgestaltung sei sie bei Familie G. auf offene Ohren gestoßen. „Das ist am schönsten – wenn Architekt und Bewohner gleichermaßen fasziniert sind“, sagt sie.

Bei der Gestaltung hatte die in Friedberg ansässige Innenarchitektin relativ freie Hand, es gab nur zwei Vorgaben des Hausherrn. Nummer eins: Ein wenig Grau sollte einfließen. Das war zunächst nur für die Haustür geplant, hat dann aber auch Einzug in die Räumlichkeiten gefunden; im Wohnzimmer sind beispielsweise die Wände in einem pastelligen Grauton gestrichen. „Das wirkt durch den zarten Ton aber nicht wie November“, sagt Walcher, die es selbst gerne farbig mag.

Vorgabe Nummer zwei: Planung und Umsetzung mussten recht schnell gehen. Im Oktober 2014 meldete sich Alexander G. bei Eleonore Walcher. Er und seine Frau Jutta, seine zwei erwachsenen Kinder und der Hund mussten aus ihrer alten Wohnung in einem Altbau in Augsburg zum Februar 2015 ausziehen. Knappe vier Monate blieben also für die Renovierung des neuen Reihenhauses in Bobingen.

Die begann mit einer Sichtung der damals aktuellen Wohnsituation. Das macht Walcher immer so. um einen Eindruck von den Personen zu gewinnen und herauszufinden, in welchem Umfeld sie sich wohlfühlen. „Ich muss den einzelnen Kunden erkennen“, beschreibt sie das. Sein Wohlbefinden stände bei einer Renovierung schließlich im Vordergrund: „Ich gehe später wieder. Der Kunde bleibt.“ In der ehemaligen Wohnung von Familie G. in der Nähe vom Fischertor kam der gebürtigen Stuttgarterin zum Beispiel die Idee mit der Glasverkleidung an der Treppe, weil dort ein Abschnitt des Aufgangs ebenfalls verglast war. „Durch Glas wirkt alles nicht nur größer, sondern auch leichter“, erklärt die seit 1975 tätige Innenarchitektin die Vorzüge dieses Materials.

Als Walcher im Anschluss an ihren Besuch dann die Pläne vom neuen Haus erhielt, kamen ihr die meisten Ideen über Nacht. „Am nächsten Morgen habe ich mich hingesetzt und die Pläne umgezeichnet“, erzählt sie. „Mir war zum Beispiel klar, dass die Türen höher gemacht werden müssen.“ Schließlich passe das zu Herrn G., der über 1,90 Meter groß ist.

Beinahe alle der elf Zimmer wurden in dem Haus renoviert. Beibehalten wurden dabei viele der alten Böden. Einzig im oberen Stockwerk ist der ehemalige Teppichboden einem Vinylboden gewichen, der die Optik eines gekalkten Eichebodens hat. Die Fliesen im Badezimmer haben trotz des anderen Materials beinahe das gleiche Aussehen. Zudem hat Walcher an mehreren Stellen die alten Türen durch Schiebetüren ersetzen lassen. Auch sie verleihen den Räumen mehr Weite. Um diese Großzügigkeit zu unterstreichen, ist die Doppeltür zum Wohnzimmer 1,60 Meter breit.

„Unser altes Wohnzimmer war mit rund 30 Quadratmetern recht groß. Die Größe wollte ich trotz des kleineren Raums hier ebenfalls haben“, sagt Hausherr G. Er und seine Familien fühlen sich im neuen Haus sehr wohl. Sicherlich auch noch in 20 Jahren.